Oder: Gibt´s da was umsonst?
Kirchenrallye – nein danke!
Ich arbeite mich gerade in den Bereich Kirchenraum ein und möchte mal ganz anders an die Sache herangehen. Ich will keine Erkundungsrallye in der Kirche machen, mit hektischer Betriebsamkeit, in der alles ausgemessen, geschätzt, betrachtet und besprochen wird. Das macht den Kindern zwar Spaß, wird aber bald wieder vergessen sein. Die Frage ist auch, ob auf diese Weise die sakrale Dimension eines Gotteshauses nicht auf der Strecke bleibt. Ich möchte gerne, dass sie verstehen, WARUM es überhaupt Kirchen gibt und auch weiterhin geben sollte. Denn Kindern sagen Kirchenräume oft nicht mehr viel.
Warum gibt es Kirchenräume?
Bevor ihr weiterlest, überlegt mal selbst: Warum gibt es Kirchen? Was würde euch einfallen???
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Früher war die Kirche ein Friedensraum, eine zeitliche und räumliche Schutzzone, in denen Streit und Gewalt aufhören mussten. Eine Insel des Friedens. Das hat mir bei meiner Recherche gefallen. Eine geschützte Oase! Ich dachte sofort an die Arche. Man nannte dieses Abkommen „treuga dei“. Auch heute noch können Kirchen Schutzräume sein. Ich denke an den Non-Stop-Gottesdienst in den Niederlanden, der 100 Tage dauerte und so das Kirchenasyl nutzte, um eine Flüchtingsfamilie vor der Abschiebung zu retten. Das fand ich schon einmal großartig.
Was ist eine Kirche überhaupt?
Bevor ich zu den Gründen komme, wollte ich gerne eine Definition für „Kirche“ finden. Bei anderen Gebäuden ist das einfach. Sie haben meist eine Aufgabe, einen Zweck:
In meinem Haus wohne ich, im Supermarkt kaufe ich meine Lebensmittel ein, in einem Kino schaue ich einen Film, in einer Fabrik werden Dinge hergestellt usw.
Und eine Kirche? Ist sie zweckfrei? Ich finde das Wort nicht passend. Kirchen haben einen Zweck – sind aber nicht an eine Aufgabe gebunden (Supermarkt = Essen, Kino = Unterhaltung, Krankenhaus = Hilfe für Kranke).
Kirchen sind keine funktionalen Orte. Sie wurden nicht „optimiert“ oder vernünftig, pragmatisch und praktikabel geplant. Hier wird nichts produziert, nichts angesammelt oder verkauft. Kirchen sind offener, sie dienen nicht dem einen Zweck (Auch wenn ihr Aufbau auf eine liturgische Feier ausgerichtet ist).
Vielleicht lässt uns das auch aufatmen, wenn wir eine Kirche betreten. Diese Andersartigkeit, die atmosphärische Dimension des Kirchenbaus oder dieses ganz andere „Wohngefühl“?
Jedenfalls finde ich den Begriff „Haus Gottes“ für eine Kirche auch nicht so glücklich, denn Gott ist nicht an diesen einen Ort gebunden. Könnte man sagen, eine Kirche ist „EIN Haus Gottes für Menschen“? Möglicherweise ist Gott an solch besonderen Orten, die Gott zugedacht sind, in besonderer Weise spürbar?
Ich persönlich empfinde Kirchen als eine Einladung, Gott zu begegnen. Manchmal möchte ich aber auch nur mir begegnen. In mich hineinhorchen. Das geht hier einfach besonders gut.
3 knackige Gründe
Wenn mich also ein Kind fragt: „Warum gibt es diese großen, alten und kalten Gebäude? Dann würde ich es zusammenschnorcheln auf 3 Gründe:
Das Feiern ist hier nicht immer partytauglich. Aber es geht auch – wie bei einer Party – um die Musik. Kirche wird hier zum Klangraum. Das macht unser Herz weit und offen.
Wir singen, um von Gottes Größe und Schönheit zu erzählen, um uns der Gemeinschaft bewusst zu werden, uns einzustimmen, hinzuführen.
Wir hören, um zur Ruhe zu kommen und zu lauschen.
Wir erinnern uns an Jesus und seine Geschichten, die auch heute noch für unser Leben wichtig sein können. Jesus kann uns ein großes Vorbild sein. Durch das Hören seiner Geschichten, halten wir die Erinnerung an ihn wach.
Wir hören auch Geschichten des Alten Testaments und finden darin Erzählungen von Menschen, die sich die gleichen „großen“ Fragen gestellt haben wie wir. Sie erzählen uns, ihre eigene Geschichte mit Gott. Auch diese wollen wir bewahren.
Wir können an einem besonderen Ort verweilen, zur Ruhe kommen, unseren Gedanken nachhängen, vielleicht sogar beten. Sorgen und Nöte können wir hier abladen, zurücklassen.
Was nehmen wir mit?
– Einen Segen, der uns rausschubst in die Welt. Der uns stark machen kann, der uns das Gefühl gibt, nicht allein zu sein.
– Die Idee, dass wir das, was wir in der Kirche finden (hören), weitergeben, sozusagen als Boten Gottes. Wir wollen Jesus nachfolgen und das, was ihm im Leben wichtig war, in die Welt hinaustragen.
Die Einkaufstasche
Mein Aufhänger im Unterricht wäre eine Einkaufstasche. Was kommt da alles normalerweise rein? Klar: Dinge, die wir einkaufen (Lebensmittel, Spielzeug, Katzenfutter usw.). Dafür gehen wir in spezielle Läden. Die sind auf diesen Zweck ausgerichtet: die durchdachten Gänge im Aldi. Alles ist an seinem Platz, wir wissen wo was steht. In der Fabrik: Gibt es die Maschinen, die nur für einen Zweck gebaut wurden, im Krankenhaus ist alles auf die Kranken ausgerichtet …
Aber wie ist das mit der Kirche? Was gibt es da? Was nehmen wir mit?
Wenn wir mit den Kindern Ideen gesammelt und auch die drei oben genannten Gründe besprochen haben, überlegen wir, wie wir das bildnerisch umsetzen können, um es in unsere Tüte zu packen. Daraus kann ein einfaches Bastelbild entstehen:
- Jedes Kind erhält eine kleine Butterbrottüte. Sie wird an einer Längsseite aufgeschnitten und am Boden (so kann man sie einfach aufklappen).
- Jetzt werden Bilder auf ein weißes Blatt gemalt und ausgeschnitten, die die Kinder in die Papiertüte kleben. Natürlich können auch Worte aufnotiert und eingeklebt werden.
Die Bilder zeigen Dinge, die man aus einer Kirche „mitnehmen“ kann. - An der Papiertüte wird aus einem Wollfaden noch ein Henkel festgeklebt.
- Danach kommt die Tüte ab ins Heft und wird dort (einseitig) eingeklebt.
- Wir stellen fest: In unserer Tüte sind lauter Dinge, die man sonst nirgendwo kaufen kann! Die Dinge sind nicht käuflich zu erwerben und die Kirche ist auch nicht – wie andere Gebäude – einem einzigen Zweck gewidmet. Das ist also ein ganz besonderer Ort …
Mit diesem Vorwissen und der geweckten Neugier, wäre es jetzt natürlich schön, eine Kirche zu besuchen und diesen besonderen Ort zu erleben. Vielleicht fallen uns noch andere Dinge ein, die wir in der Kirche finden und mitnehmen können. Das ergänzen wir dann später in unserer Einkaufstasche: Was hast DU heute aus der Kirche mitgenommen?
Also, warum brauchen wir Kirchen?
Ich habe eine tolle Andacht von Heiko Kuschel gelesen. Er hat sich gefragt: Was gibt es denn in der Kirche? (Im Gegensatz zum Supermarkt?). Was wird nach unserem Besuch in der Einkaufstüte zu finden sein?
Er hat die Geschichte von Maria und Marta erzählt. Ihr erinnert euch: Marta, die alles hübsch macht für Jesus und umtriebig ist, vorbereitet, plant. Und die andere: Maria, die, die sich zu Jesu Füßen setzt und ihm einfach nur zuhört.
Ich persönlich bin ja eher Marta. Die schon zehn Schritte im Voraus plant, vorbereitet, Hektik verbreitet. Das ist das Marta-Power-Leben.
Und dann gibt es da Maria. Heute würde man sagen: die Achtsame. Sie nutzt die Gunst der Stunde und hört hin. Bleibt stehen. Maria ist die Stille und Komtemplative.
Das ist so wichtig. Ich möchte das von Maria lernen!
Kirchengebäude helfen mir dabei. Es ist wie ein kleiner Austieg aus dem Alltag. Ein Innehalten. Ich bin zum Nichtstun hier! Zum Empfangen.
Schön an der Geschichte ist: Jesus lässt beide gewähren. Die Stille-Maria und die Power-Marta. Beide Seiten haben ihre Berechtigung und können etwas in der Kirche finden …
Und? Was ist also in der Einkaufstasche nach meinem Besuch? Was habe ich mitgenommen?
Ruhe, Zeit für mich, Zeit für Gott und ein Gebet.
Hier findest du noch einen Beitrag zu „Finde ich Gott in der Kirche?“
Mit einer virtuellen Tour, die einen ganzen Kirchenraum zeigt – und zwar auch noch die schönste Kirche der Welt 😉