Was ist die Liebe?

Ein Bilderbuch hilft beim Ergründen

Wie kann man am Anfang des Jahres mit so einer Frage starten??? Zu Beginn eines Beitrages schüttele ich über mich selbst regelmäßig den Kopf. Die Liebe zu erklären, ist eine große Aufgabe!

Lieben kann ich vieles

Wenn ich vier Menschen frage: „Was liebst du?“, bekomme ich vier unterschiedliche Antworten. Von Fußball über Erdbeereis mit Sahne kann da alles dabei sein. In unserem Sprachgebrauch ist die Liebe ständig an Bord: „Ich liebe Sushi!“, „Wie ich es LIEBE in der Schlange zu warten!“, „Ich liebe diesen Film“ usw. Mit der Liebe, die ich in diesem Beitrag meine, hat das wenig zu tun. Trotzdem sollte man sich bewusst machen, es gibt nicht die eine Liebe. Es hängt vom Verhältnis der Personen zueinander ab: Sind wir zum Beispiel ein Liebespaar oder lieben wir als Eltern ein Kind? Die alten Griechen unterscheiden sogar sieben Arten der Liebe! Ich klammere Eros (die leidenschaftliche Liebe) und drei weitere Formen aus. Sie mögen mir verzeihen, denn im Unterricht werden diese nicht unbedingt thematisiert. Somit unterscheide ich drei Formen der Liebe, die Kindern begegnen kann:

Die drei Arten der Liebe

Ein Bilderbuch über die Liebe und das Liebhaben

Um nun nicht theoretisch abzudriften, nehme ich ein Bilderbuch zur Hilfe: „Da bist du ja!“ von Lorenz Pauli und Kathrin Schärer. Hier finden Sie meine Buchkritik dazu. Der Untertitel ist schon wunderbar:

Die Liebe, der Anfang – allüberall

Die erste Frage wäre ja nun: Mit welcher Liebe lieben sich „das Größere“ und „das Kleinere? Die Art der Liebe ist nicht klar zu definieren, denn die Beziehung der beiden Fantasiefiguren ist nicht eindeutig.

Ich würde von einer starken familiären Liebe ausgehen, wie man sie zu seinem Kind empfindet. „Das Größere“ liebt „das Kleinere“ über alle Maßen und legt beschützend seine großen Pranken um die kleinen Pfötchen des Kleineren.

Denkbar ist aber auch ein Fokus auf die freundschaftliche Liebe, die die Schüler*innen in ihrem Alter wohl am meisten beschäftigt. Aus diesem lebensnahen Grund möchte ich mich auf solch eine tiefe, kameradschaftliche Liebe konzentrieren.

Wo beginnt die Liebe?

In unserem Bilderbuch beginnt die Geschichte tatsächlich GANZ am Anfang, dort, wo alles begann und alles entstand: Im Universum. Die beiden Figuren schweben zwischen den Sternen, berühren sich fast, sind einander zugewandt. Ein schöner Start für ein Buch über die Liebe, denn auch sie lässt Welten entstehen.

Die beiden Figuren finden sich auf jeder Doppelseite des Buches in einer neuen Umgebung: Im Sand, im Eis, im Wasser, in der Nacht auf einer Blumenwiese. Ich sehe darin eine Anspielung an die Schöpfungsgeschichte der Bibel. Ganz fein scheint sich hier die Schöpfung mit der Liebe zu verbinden.

Die Frage nach dem Beginn ihrer gemeinsamen Liebe wird mit einem „RUMMMMS und plötzlich war sie da“ erklärt. Ich versuche mir einen Reim darauf zu machen: Die Liebe beginnt nicht im Kopf (sonst fände man leichter eine Erklärung), sondern sie kommt aus dem Herzen. Eine mögliche Definition: „Liebe ist, wenn man sich herzlich verbunden ist.“ Dazu hat das Bilderbuch eine besondere Erklärung: Die Liebe ist wie ein Kirschkern, ganz tief in einem Menschen. Er wächst und wird größer, wenn man sich um ihn kümmert.

Die Kunst des Liebens

In der Kunst des Liebhabens sind unsere beiden Figuren wahre Experten. Sie sind sich immer nahe, oft genug auch körperlich verbunden: Sie halten Händchen, berühren und umarmen sich, kuscheln miteinander. Sind sie nicht eng beieinander, halten sie zumindest Augenkontakt. Besonders wichtig finde ich, dass sie auch etwas alleine unternehmen, sie genießen diese Zeit für sich und wissen doch den anderen in ihrer Nähe. Daneben hat das gemeinsame Schweigen ebenso seinen Platz.

Die Gespräche

Die Gespräche sind ein Kapitel für sich: Sie nehmen sich Zeit füreinander, hören einander zu, finden keine „Besserwisser-Antworten“, die alles endgültig festlegen. Es ist ein gemeinsames Erkunden der Liebe. Poetisch, vielschichtig und voller wunderschöner Bilder.

Für mich das Wichtigste: Die beiden wissen, worauf es in der Liebe ankommt.

Das Liebhaben hat viele Facetten – eine Unterrichtseinheit

Ich habe mir eine Unterrichtseinheit überlegt, in der Grundschulkinder über die Freundschaft nachdenken. Dabei beginnen wir im …

UNIVERSUM

Hier gibt es das Planetenbild als PDF zum Download

Jeder (bunte) Planet steht für ein Erlebnis, welches die beiden Protagonisen das Größere und das Kleinere miteinander teilen. Die Kinder schreiben, nachdem wir gemeinsam das Buch gelesen haben, einige Erlebnisse auf. Mögliche Antworten:

Wenn man sich lieb hat, dann …

  • … ist man gerne beieinander.
  • … erlebt Abenteuer.
  • … stellt sich gemeinsam Fragen über Gott und die Welt.
  • … ist füreinander da.
  • … kann man auch miteinander schweigen.
  • … kann ich auch mal etwas alleine unternehmen.
  • … muss man nicht immer einer Meinung sein.

Die letzten beiden Antworten finde ich persönlich am eindrücklichsten, weil sie oft zu Diskussionen führen. Die Schüler können nach der Erarbeitung ihre wichtigsten Punkte auf Planeten schreiben (Größe des Planeten spiegelt Bedeutsamkeit des Aspektes).

Die s/w Planeten werden in einem nächsten Unterrichtsschritt farbig gestaltet: Welche Farben passen zur Freundschaft / zum Liebhaben? Verändern sich die Farben manchmal? Hier kann z. B. Streit als eigene Farbe aufgenommen werden. „Mein Freundschaftsplanet ist ganz blau, weil die Farbe so schön leuchtet. Aber es gibt auch Zeiten, da gibt es Streit – dafür stehen die roten Flecken!“

In der Mitte ist eine große freie Fläche. Dort können etwa das Größere und das Kleinere hineingemalt werden. Denkbar wäre auch, dass die Schüler*innen sich selbst und ihren besten Freund / ihre beste Freundin zeichnen. Die Körper sollten nur zart ausgemalt werden, da noch ein weiterer Arbeitsschritt folgt. Eine mögliche Variante: Die Kinder zeichnen zuerst nur eine Umrissvariante (siehe Grafik unten) und malen sie erst später an.

Die Liebe ist wie ein Kern …

Ich habe vorhin erwähnt, dass die Liebe in „Da bist du ja!“ mit einem Kirschkern verglichen wird, der ganz tief in einem verborgen liegt. Er kann wachsen und – je nach Pflege – zu einem großen Baum werden. Hier habe ich eine mögliche Gesprächsgrundlage skizziert, die das Wachsen des Freundschafts-Kerns thematisiert:

Die Bilder können als Impulse genutzt werden.

  1. Wir müssen eine Grundlage schaffen, auf der Freundschaft wachsen kann! (Freundlich & aufgeschlossen sein, Interesse haben)
  2. Wenn wir Freunde geworden sind, können wir unsere Samen ausbringen! (Sag, was du fühlst: „Ich mag dich!“) –> Jetzt beginnt der Kern zu wachsen! (Mittebild gestalten: In die vorhin gemalten Kinder wird nun der Freundschaftskern eingezeichnet)
  3. Nun muss ich mich um die Freundschaft kümmern. (Miteinander reden, gemeinsam Zeit verbringen, Streit aushalten, aufeinander zugehen)
  4. So können Früchte entstehen (Man kann sich Geheimnisse anvertrauen, ich bin mir meines Freundes sicher)
  5. Man hat eine reiche Ernte (Freundschaft)

Für die gestaltete Mitte (das Kleinere / das Größere oder man selbst mit Freund/Freundin) im „Planetenbild“ (s.o.) wird eine weitere Aufgabe formuliert: „Wie sieht denn dieser Freundschafts-Kern aus? Male ihn!“ Die Lösung wird sicherlich ganz individuell und interessant gelöst werden.

Hat das, was einen Anfang hat, auch ein Ende?

In unserem Bilderbuch wird nicht von einem Ende gesprochen, sondern von einem Ziel. Was kann Liebe / Freundschaft als Ziel haben? Vielleicht erreicht eine Freundschaft irgendwann ein bestimmtes Ziel. Was könnte das sein?

Gott und die Liebe – ein Impuls

Der christliche Glaube wird manchmal zu banal dargestellt, förmlich plattgebügelt. Es wird nur vom „lieben Gott“ und Jesus erzählt, der alle Menschen liebt. Das ist zwar korrekt und ein wesentlicher Teil unseres Glaubens, jedoch lässt dieses Bild nicht viel Platz für das Geheimnis um Gott und für das spirituelle Suchen und Fragen nach ihm. Menschen sehnen sich danach. Sie suchen etwas, das unseren Verstand übersteigt, nicht greifbar ist, über uns hinausgeht. Christen nennen das GOTT.

Das Bilderbuch „Da bist du ja“ bietet auch die Chance zu theologisieren: Stelle dir vor, das Größere wäre Gott. Was ist dann der kleine Same (Kirschkern) in uns, der wachsen kann?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert